Mainz (ots) –
Keine Trendwende in Sicht: Unternehmen in Deutschland blicken besorgt auf ihre kurzfristigen wirtschaftlichen Perspektiven. Besonders im Baugewerbe und in der Transportbranche herrscht Pessismismus. Über alle Branchen hinweg werden politische Unsicherheit und gestörte Lieferketten als größte Risikofaktoren angesehen. Vor diesem Hintergrund gewinnen De-Risking-Strategien für viele Firmen zunehmend an Bedeutung, um geschäftliche Abhängigkeiten zu reduzieren. Das sind Erkenntnisse einer jährliche Befragung des Kreditversicherers Coface.
43 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland geben an, dass ihre aktuelle Geschäftslage im Vergleich zum Vorjahr unverändert geblieben ist. Mit 48 Prozent bewertet jedoch fast die Hälfte der 774 Befragten ihre wirtschaftliche Situation schlechter als im Jahr 2023, während nur 9 Prozent von einer Verbesserung berichten. Zusammengenommen entspricht das einer Bilanz von -39 Saldenpunkten. „Obwohl 2024 kein zusätzlicher Risikofaktor hinzugekommen ist, ist die Stimmung schlechter als in den Umfragen nach Ausbruch der COVID-19-Pandemie und nach Beginn des Krieges in der Ukraine. Das ist erschreckend, kommt aber auch nicht unerwartet. Die Ergebnisse spiegeln das Bild anderer Frühindikatoren wie beispielsweise des ifo Geschäftsklimas wider“, sagt Coface-Volkswirtin Christiane von Berg. „Es scheint, als ob die deutsche Wirtschaft in einer emotionalen Abwärtsspirale steckt, aus der sie nicht herausfindet.“
Mit Blick auf das Jahr 2025 fallen die Erwartungen unterschiedlich aus – insgesamt ist jedoch keine Trendwende in Sicht. 23 Prozent der Befragten erwarten eine Erholung, während sich 22 Prozent auf rückläufige Geschäfte einstellen. Von 13 Branchen blicken sieben mit eher positiven Erwartungen auf das Jahr 2025, die Informations- und Kommunikationstechnologie sticht hervor. „Die IKT-Branche ist gerade in den letzten Quartalen gebeutelt worden. Lieferkettenprobleme und die Frage nach neuen Produktionsstätten haben für erhebliche Unsicherheit gesorgt. Dass die Branche 2025 ruhigere Zeiten anvisiert, ist ein sehr positives Zeichen“, erklärt Christiane von Berg. Auch im Bereich Finanzen/Consulting (+23 Sp.) und in der Pharma- und Chemiebranche (+21 Sp.) blickt man zuversichtlich in die Zukunft. Das gilt nicht für die Baubranche (-19 Sp.) und den Transport- und Logistiksektor (-18 Sp.). In beiden Branchen rechnen viele Firmen damit, dass der Abwärtstrend anhält. „Die Baubranche erwartet, auch 2025 mit einer Konjunkturflaute leben zu müssen. Zwar sollten die Finanzierungskosten zusammen mit dem Zinsumfeld sinken und die Nachfrage dadurch langsam stärken. Wir kommen jedoch von einem sehr hohen Zinsniveau und das könnte einige Bauträger vorsichtig agieren lassen“, sagt Christiane von Berg. Die Transportbranche leidet unter der Rezession in der Industrieproduktion und der anhaltenden Konsumzurückhaltung, wodurch die Speditionen weniger Aufträge erhalten. Darüber hinaus wird im Passagierverkehr aus Kosten- oder Umweltgründen weniger geflogen.
Politische Unsicherheit ist Risikofaktor Nummer eins
Als größte wirtschaftliche Risiken werden wie bereits 2023 „gestörte Lieferketten“ und „politische Unsicherheit“ genannt. In der aktuellen Befragung ist für 19 Prozent der Firmen politische Unsicherheit das Hauptrisiko, während 16 Prozent Unterbrechungen in der globalen Produktionskette fürchten. „Politische Unsicherheit schließt zwar geopolitische Konflikte mit ein, aber mit Blick auf die Antworten wird deutlich, dass die Bedenken auch in hohem Maße mit der innenpolitischen Situation in Deutschland verbunden sind. Der verwirrende Kommunikationsstil der Regierung und das Fehlen einer mittelfristigen Strategie – all das hat zu einem Rückgang der Investitionsausgaben geführt“, sagt Christiane vom Berg. Um Risiken zu minimieren, arbeiten deutsche Firmen daran, ihre geschäftliche Abhängigkeit von einzelnen Ländern, Lieferanten oder Kunden zu verringern. 2023 hatten sich bereits 12 Prozent der Befragten für De-Risking-Maßnahmen wie die Ausweitung des Lieferantenportfolios oder eine Produktionsverlagerung entschieden – im Jahr 2024 betreiben bereits 16 Prozent De-Risking. Darüber hinaus rechnen knapp 30 Prozent der Befragten mit entsprechenden Schritten im Laufe der kommenden drei Jahre. Am stärksten engagiert ist der Maschinenbau, wo bereits heute jedes dritte Unternehmen De-Risking betreibt.
Über die Umfrage
Die achte Auflage der Coface-Studie zu Zahlungserfahrungen von Unternehmen in Deutschland wurde zwischen Juni und August 2024 durchgeführt. 774 Unternehmen aus mehr als 13 breit gefächerten Branchen nahmen an der Befragung teil.
Pressekontakt:
Coface, Niederlassung in Deutschland
Sebastian Knierim – Pressesprecher –
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