Gelsenkirchen (ots) –
Erneuerbare Energiequellen wie Wind und Sonne sind einer der wichtigsten Schlüssel für eine erfolgreiche Energiewende. Doch die schwankende Verfügbarkeit des regenerativen Stroms stellt eine große Herausforderung dar – auch für die energieintensive Industrie. Sonnen- oder windarme Tage bringen häufig ein Stromdefizit mit sich. Umgekehrt führen Tage mit viel Sonne oder Wind zu einem Stromüberschuss. Um diesen Überschuss zu speichern und in Defizitzeiten nutzen zu können, eignen sich Verfahren, die unter dem Begriff Power-to-X (abgekürzt PtX oder P2X) zusammengefasst werden.
Power-to-X steht für Verfahren, bei denen zunächst Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff umgewandelt wird (Power-to-Gas). Das entstehende Gas kann als Stromspeicher dienen oder weiter zu Chemikalien (Power-to-Chemicals) oder Treibstoffen (Power-to-Liquids) verarbeitet werden. Da hier verschiedene Sektoren (Energie, Gaswirtschaft, Verkehr, Industrie) miteinander verbunden werden, spricht man auch von Sektorenkopplung.
Besonders für die Chemieindustrie ist Power-to-X interessant. Denn aus Wasserstoff, CO2 und dem Stickstoff der Luft lässt sich mit erneuerbar erzeugtem Strom ein Großteil aller chemischen Grundstoffe herstellen. Das Verfahren kann also nicht nur der Speicherung von Stromüberschuss dienen, sondern zukünftig auch fossile Rohstoffe ersetzen und auf diese Weise einen wichtigen Beitrag zu einer klimaneutralen Industrie leisten. Grund genug, sich die einzelnen Verfahren einmal genauer anzusehen.
Power-to-Gas (P2G oder PtG)
Power-to-Gas-Technologien wandeln Strom in Gase um. Ausgangsbasis ist immer die Elektrolyse. Sie spaltet mithilfe von Strom Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff auf. Der entstandene Wasserstoff kann dann auf vielfältige Weise genutzt werden, z. B. als Grund-, Antriebs- oder Brennstoff. Dadurch kann Wasserstoff als Energiespeicher dienen und wieder zurückverstromt werden (z. B. in Brennstoffzellen im Auto) oder in Industrieprozessen verbrannt werden, um so die für die Produktion notwendige Wärme bereitzustellen – ohne die Emission von CO2.
Natürlich sind die Power-to-Gas-Verfahren weniger energieeffizient als die direkte Nutzung erneuerbaren Stroms. Doch sie haben den Vorteil, dass die gewonnenen Gase gespeichert und durch Leitungen transportiert werden können. Wasserstoff kann zu einem geringen Anteil dem Erdgasnetz beigemischt werden. Da für viele neue Technologien jedoch reiner Wasserstoff benötigt wird, ist ein Gemisch mit Erdgas unzureichend. Um die steigende Nachfrage nach reinem Wasserstoff zu decken, müssen in Zukunft die Transportkapazitäten erhöht werden.
Power-to-Liquids
Mit Power-to-Liquids-Technologien werden flüssige Produkte hergestellt, die als nachhaltige synthetische Kraftstoffe genutzt werden können. Sie können in allen Verkehrssparten zum Einsatz kommen, in denen die Elektro- und Wasserstoffantriebe bis dato an ihre Grenzen kommen, zum Beispiel im Flugverkehr.
Power-to-Liquids-Verfahren enthalten im ersten Schritt immer Power-to-Gas, bei dem zunächst Wasser mit erneuerbar erzeugtem Strom per Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt. Anschließend gibt es mehrere Möglichkeiten: Bei einem Verfahren, Methanolsynthese genannt, wird aus dem erzeugten Wasserstoff zusammen mit CO2 die Basischemikalie Methanol hergestellt. Mit einem anderen Verfahren, der Fischer-Tropsch-Synthese (FTS), lassen sich verschiedene Kohlenwasserstoffe herstellen. Sowohl Methanol als auch die Kohlenwasserstoffe können zu synthetischen Kraftstoffen weiterverarbeitet werden. Diese sind Energieträger und leisten somit einen Beitrag zur Speicherung von Überschussstrom.
Power-to-Chemicals
Auch Power-to-Chemicals-Technologien basieren auf der elektrolytischen Herstellung von Wasserstoff. Anders als Power-to-Gas und Power-to-Liquids dienen sie aber nicht zur Verwendung als Energieträger. Vielmehr werden die erzeugten Produkte in der Chemieindustrie stofflich als regenerative Grundstoffe genutzt. Dadurch haben sie das Potenzial, die derzeit fossilen Ressourcen zu ersetzen. Mithilfe der Power-to-Chemicals-Technologien können Synthesegas, Methanol und Ammoniak als Grundbausteine für die chemische Industrie hergestellt werden.
„Power-to-X-Technologien sind bereits heute wissenschaftlich erprobt und verfügbar“, erläutert Dr. Iris Rieth, Projektmanagerin bei der NRW-Landesinitiative IN4climate.NRW. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist ihr Einsatz jedoch noch mit höheren Kosten verbunden als die klimaschädliche Nutzung fossiler Rohstoffe. Daher kommen sie nur in sehr geringem Maße zur Anwendung.“
Interessante Pilotprojekte zum Thema Power-to-X
ALIGN-CCUS & Take-Off (https://www.in4climate.nrw/best-practice/projekte/2021/align-ccus-take-off-making-fuels-from-co2/): Pilotprojekte zur Nutzung von CO2 als Rohstoff, z. B. zur Herstellung von Flugzeugtreibstoffen
Rheticus (https://www.in4climate.nrw/best-practice/2020/rheticus/): Versuchsanlage zur Erforschung von CO2 als alternativem Rohstoff für die Herstellung von Spezialchemikalien
REFHYNE (https://www.in4climate.nrw/best-practice/projekte/2019/refhyne/): eine der weltweit ersten Anlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff
Pressekontakt:
IN4climate.NRWAnnette Scholz, Tel.: 0209-408599-36, E-Mail: annette.scholz@in4climate.nrw
Original-Content von: IN4climate.NRW GmbH, übermittelt durch news aktuell
Quelle: ots