Sicherheitslücke Lagerhalle: Wie klare Wege und Zonen das Unfallrisiko senken und Prozesse beschleunigen

In Deutschland kommt es laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung jedes Jahr zu über 12.000 meldepflichtigen Unfällen im innerbetrieblichen Verkehr von Lager- und Logistikhallen. Viele davon passieren nicht etwa durch technisches Versagen, sondern schlicht, weil Wege unklar sind, Zonen nicht sauber getrennt wurden oder Markierungen fehlen. Wie kann es sein, dass in einer hochoptimierten Logistikwelt ausgerechnet Bodenführung und Flächenstrukturierung so häufig übersehen werden? Dieser Artikel zeigt, wie einfache Mittel das Sicherheitsniveau massiv erhöhen und gleichzeitig den Materialfluss verbessern.
Sichtbarkeit schafft Sicherheit und Struktur
In der Hektik des Lageralltags geraten viele Details schnell aus dem Blick. Gabelstapler, Hubwagen, autonome Transportfahrzeuge und Fußgänger teilen sich oft dieselben Wege. Ohne eine eindeutige visuelle Trennung entstehen gefährliche Mischzonen. Unfälle mit Personenschaden sind keine Ausnahme, sondern regelmäßig wiederkehrende Ereignisse. Dabei ist die Lösung längst vorhanden – sie wird nur oft nicht konsequent umgesetzt. Die Rede ist von klar definierten Leitsystemen und eindeutiger Flächenkennzeichnung, etwa durch gut sichtbare Farbmarkierungen auf dem Boden.
Eine professionell umgesetzte Hallenmarkierung hilft nicht nur bei der Trennung von Laufwegen und Fahrbahnen, sondern steigert auch die Orientierung und Prozessgeschwindigkeit innerhalb der Halle. Besonders in Schichtbetrieben mit hohem Personalwechsel oder bei internationalen Teams ohne einheitliche Sprachkompetenz sorgen visuelle Leitsysteme für unmittelbare Verständlichkeit. Laut einer Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik aus dem Jahr 2021 lassen sich durch optimierte Bodenkennzeichnung bis zu 18 Prozent der Wegzeiten in Lagerhallen einsparen.
Falsche Flächennutzung blockiert Prozesse
Immer wieder entstehen im Lager sogenannte „Grauzonen“. Dort, wo keine klare Funktion zugewiesen ist, wird spontan abgestellt, zwischengelagert oder geparkt. Diese unkontrollierten Flächennutzungen führen zu Engpässen, Kollisionen und Verzögerungen im Betriebsablauf. Besonders kritisch wird es, wenn Notausgänge, Rettungswege oder Feuerlöscher verstellt werden. Die rechtliche Verantwortung liegt beim Betreiber – mit zum Teil erheblichen Haftungsrisiken im Schadensfall.
Ein effektives Flächenmanagement beginnt mit der präzisen Analyse der vorhandenen Struktur. Welche Wege sind tatsächlich notwendig? Wo entstehen Überlagerungen, doppelte Wege oder blinde Zonen? Die Einführung einer Flächenlogik, kombiniert mit einer sichtbaren und belastbaren Markierung, bildet die Grundlage für kontrollierte Nutzung. Unternehmen, die regelmäßig Materialbewegungen analysieren und ihre Lagerzonen dynamisch anpassen, reduzieren nicht nur Sicherheitsrisiken, sondern verbessern die Reaktionsgeschwindigkeit in Spitzenzeiten.
Bodenmarkierung unterstützt automatisierte Systeme
Mit dem Aufkommen fahrerloser Transportsysteme (FTS) und kollaborativer Roboter (Cobots) verändert sich die innerbetriebliche Logistik grundlegend. Maschinen benötigen präzise Umgebungsdaten, um sich sicher und effizient zu bewegen. Sensoren, Kameras und Navigationssoftware arbeiten dabei nicht nur mit digitalen Karten, sondern auch mit realen visuellen Hinweisen. Bodenmarkierungen liefern diesen Maschinen wichtige Kontextinformationen – ähnlich wie Straßenmarkierungen dem Menschen im Straßenverkehr.
Die Integration von automatisierten Systemen funktioniert deutlich reibungsloser, wenn die Bodenführung klar ist. Gerade bei Mischverkehren zwischen Mensch und Maschine bieten markierte Sicherheitszonen und Haltebereiche eine einfache Möglichkeit, Unfälle zu vermeiden. Laut einer Studie des VDI-Fachbereichs Fördertechnik von 2022 sinken technische Störungen bei FTS in klar strukturierten Umgebungen um bis zu 35 Prozent. Die Rückführung zu definierten Ladezonen, geregelte Übergabepunkte und priorisierte Fahrspuren sind dabei entscheidend.
Temporäre Markierungen als flexibles Planungsinstrument
Nicht jede Halle bleibt über Jahre gleich strukturiert. Besonders in dynamischen Branchen wie E-Commerce, Ersatzteilwesen oder Kontraktlogistik ändern sich Prozesse schnell. Neue Kunden, neue Produkte, neue Wege – wer hier mit starren Markierungen arbeitet, verliert schnell die Übersicht. Deshalb setzen viele Unternehmen zunehmend auf temporäre Markierungslösungen. Diese lassen sich rückstandsfrei entfernen und an geänderte Gegebenheiten anpassen.
Temporäre Lösungen kommen auch bei Umbauten, Testphasen oder Pilotprojekten zum Einsatz. Statt aufwendig Pläne zu ändern, wird vor Ort ausprobiert, was funktioniert. Erst wenn sich ein Layout bewährt hat, folgt die dauerhafte Umsetzung. Dieser Ansatz minimiert Fehlentscheidungen und spart Ressourcen. Zudem erleichtert er die Kommunikation mit Mitarbeitenden in der Umstellungsphase: Neue Wege werden sichtbar, bevor sie verpflichtend werden.
Arbeitsunfälle als wirtschaftlicher Risikofaktor
Neben dem menschlichen Leid verursachen Arbeitsunfälle immense Kosten. Nach Angaben der DGUV beliefen sich die Gesamtkosten für Arbeitsunfälle in Deutschland im Jahr 2023 auf über 11 Milliarden Euro – Tendenz steigend. Gerade in Lager- und Logistikbetrieben entstehen hohe Ausfallzeiten durch Kollisionen, Stürze oder Quetschungen. Viele dieser Vorfälle wären vermeidbar, wenn Wegeführung, Zonen und Sichtmarkierungen konsequent umgesetzt würden.
Klare Bodenmarkierungen zeigen auf den ersten Blick, wo Gefahrenzonen beginnen, wo Verkehrswege verlaufen und wo Sicherheitsabstände einzuhalten sind. Zusätzlich lassen sich mit Farbe und Symbolik Verhaltensregeln verankern, die selbst bei Sprachbarrieren intuitiv funktionieren. Das reduziert das Risiko für neue, ortsunkundige oder temporäre Kräfte erheblich. Im Ernstfall zählt jede Sekunde und jede optische Orientierungshilfe.