Berlin (ots) – Ein Land in Afrika ohne Stromausfälle. Mit genügend Elektrizität für alle seine rund 110 Millionen Einwohner. Und natürlich auch für die Landwirtschaft und die Industrie. Noch träumt man in Äthiopien davon. Doch das Land im Nordosten Afrikas ist der Verwirklichung dieses Traums nun ein gutes Stück nähergekommen.
„Heute, am 19. Juli 2021, ist die zweite Auffüllstufe des Grand Ethiopian Renaissance Dam abgeschlossen worden“, verkündete Äthiopiens Wasserminister Seleshi Bekele auf Twitter. Ministerpräsident Abiy Ahmed beglückwünschte seine Landsleute. Äthiopien schreite unverzagt voran, schrieb er auf Facebook.
Rund zehn Jahre nachdem das Mega-Projekt GERD – die Abkürzung steht für die englische Bezeichnung der Talsperre – in Angriff genommen wurde, ist der Beginn der Stromerzeugung mit Hilfe des Wassers aus dem Blauen Nil im künftig größten Wasserkraftwerk des afrikanischen Kontinents in greifbare Nähe gerückt. Das Becken des Damms sei nun, auch dank ergiebiger Regenfälle, soweit aufgefüllt, dass die ersten zwei Turbinen „schon bald elektrischen Strom liefern werden“, teilte der Minister mit.
Damit rückt auch der Moment für die Praxis-Bewährung deutscher und französischer Technik näher: Die Turbinen für das bislang größte Investitionsprojekt in der Geschichte Äthiopiens haben der deutsche Konzern Voith und das französische Unternehmen Alstom geliefert. Voith kann dabei auf besonders lange Wirtschaftsbeziehungen mit Äthiopien zurückblicken. Der im baden-württembergischen Heidenheim an der Brenz ansässige Technologiekonzern hatte schon die Turbinen für Äthiopiens erstes Wasserkraftwerk geliefert. 1960 war es am Koka-Damm von Kaiser Haile Selassie eröffnet worden, der es einen Meilenstein auf dem Weg zu „Fortschritt und Erleuchtung“ nannte.
Noch haben mehr 60 Prozent der Einwohner des Landes von der rund dreifachen Größe Deutschlands keinen Zugang zur Elektrizitätsversorgung. Entsprechend groß sind die Hoffnungen, die sich mit dem Projekt verbinden, das nach vollständiger Fertigstellung 2023 eine Kapazität von 6000 Megawatt erreichen soll. „Die Äthiopier betrachten GERD als einen Wendepunkt hin zu einer wirtschaftlichen Entwicklung, die der Nation helfen wird, die Armut zu besiegen und Wohlstand zu schaffen“, schrieb die äthiopische Nachrichtenagentur ENA.
Rund 80 Prozent der 4,6 Milliarden Dollar teuren Talsperre sind inzwischen fertiggestellt, der dahinter liegende Stausee soll künftig 63 Milliarden Kubikmeter Wasser fassen können. Das Projekt verheißt rund 65 Millionen Menschen eine zuverlässige Versorgung mit Strom. Bereits fertiggestellt ist eine rund 650 Kilometer lange Netzleitung für den Transport des Stroms.
Zugleich ist man sich in Addis Abeba darüber im Klaren, dass das Großprojekt am Blauen Nil bei den Nachbarn Sudan und Ägypten, für die das Nilwasser ebenfalls von großer Bedeutung ist, Bedenken ausgelöst hat. Die drei Staaten stehen dazu in Verhandlungen.
Die Sorgen der Nil-Anrainer- etwa vor Wasserknappheit – seien allerdings unbegründet, hat Äthiopien mehrfach versichert. „GERD ist als äthiopischer Hydropower-Damm auch ein Beschützer der Infrastruktur der flussabwärts gelegenen Länder vor dem Klimawandel“, twitterte Minister Seleshi. „Er bietet auch die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln und gemeinsam zu gedeihen, er kann niemals eine Bedrohung sein.“
Der Blaue Nil mündet in der sudanesischen Hauptstadt Khartum in den Weißen Nil, von dort fließt der vereinte Strom weiter Richtung Norden durch den Sudan und Ägypten bis ins Nildelta am Mittelmeer. Für die flussabwärts gelegenen Länder sei die Verwirklichung des GERD-Projekts eine gute Sache, erklärte der Wasserbauexperte Gedion Asfaw in einem Interview mit der Nachrichtenagentur ENA. Er ist Mitglied des GERD-Verhandlungsteams Äthiopiens.
„Es ist eine gute Nachricht für die flussabwärts gelegenen Länder, denn der Sudan leidet jährlich unter Überschwemmungen. Letztes Jahr sind dadurch viele Menschen gestorben…“, sagte der Experte. „Es wird erwartet, dass der Renaissance-Damm diese negativen Auswirkungen auf den Sudan minimieren wird.“
Gedion zufolge haben Studien ergeben, dass GERD dem Sudan und Ägypten auch deshalb zugutekommen kann, weil er bis zu 86 Prozent des Schlicks und der Sedimente aus dem Wasser des Blauen Nils entfernt. Zudem werde ein gleichmäßigerer Wasserfluss während des ganzen Jahres ermöglicht, was vor plötzlichen Überschwemmungen schütze.
Wie wichtig auch bautechnische Vorkehrungen – darunter Stau- und Auffangbecken – für den Schutz vor den Folgen extremer Niederschläge sind, haben in Europa gerade erst die Hochwasserkatastrophen in Deutschland und Belgien auf besonders tragische Art und Weise vor Augen geführt. Äthiopien und andere afrikanische Länder, die stark von der Erderwärmung betroffen sind, haben ebenfalls leidvolle Erfahrungen mit Überflutungen gemacht.
Das Fazit des Wasserbauexperten Gedion: „Der Nil ist eine gemeinsame Ressource und alle Anrainerstaaten haben das Recht, sie auf faire und vernünftige Weise zu nutzen, ohne dabei größeren Schaden anzurichten.“
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